Skip to main content

Sonderurlaub für den Umzug – gibt es so etwas überhaupt?

Die schlechte Nachricht vorneweg: Es gibt überhaupt keinen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub wegen eines Umzugs. Der obligatorische Urlaubsanspruch abhängig Beschäftigter wird durch das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) und die ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Demnach stehen Ihnen wenigsten 24 Tage Erholungsurlaub pro Jahr zu. Diese Urlaubstage können Sie, auch wenn Kisten packen und Möbel schleppen meist alles andere als erholsam sind, auch für Ihren Umzug nutzen. Erholungsurlaub müssen Sie bei Ihrem Arbeitgeber beantragen, der nur ablehnen darf, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen (§ 7 Abs.1 BurlG). Wenn Sie noch Urlaubstage übrig haben, sollte es also kein Problem sein, auch tatsächlich ein paar Tage frei zu bekommen. Andernfalls lohnt sich ein kritischer Blick ins BGB und ins Kleingedruckte.

Sonderurlaub Umzug

Bezahlte Freistellung wegen vorübergehender Verhinderung

Gemäß § 616 BGB haben Sie Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn Sie vorübergehend durch einen in Ihrer Person liegenden Grund, aber ohne Ihr Verschulden, an der Arbeitsleistung gehindert sind. Diese Regelung greift zum Beispiel dann, wenn Sie zu spät zur Arbeit kommen, weil Neuschnee für Chaos auf den Straßen sorgt oder die öffentlichen Verkehrsbetriebe bestreikt werden. Die Vorschrift ist auch dann einschlägig, wenn Sie nicht zur Arbeit kommen können, weil Sie Ihr krankes Kind pflegen müssen. Bei Umzügen greift diese Norm aber nur ausnahmsweise. Das liegt an der juristischen Definition für den Begriff „Verschulden“, der hier wissentlich und willentlich meint. Da Sie den Umzug planen und bewusst herbeiführen, „verschulden“ Sie Ihn somit selbst. Etwas anderes gilt nur, wen Sie aus objektiven Gründen umziehen müssen. Zum Beispiel, weil das Gebäude, oder zumindest Ihre Wohnung, aufgrund eines Unwetters oder eines technischen Defekts unbewohnbar geworden ist. Das gleiche gilt außerdem, wenn die Räumung des Gebäudes behördlich angeordnet worden ist oder Sie aus gesundheitlichen Gründen umziehen müssen und deshalb Sonderurlaub benötigen. § 616 BGB sagt nicht, wie lange Ihr Arbeitgeber Sie in einem dieser Ausnahmefälle freistellen muss. In analoger Anwendung der herrschenden Rechtsprechung dürfen Sie mit wenigstens einem, maximal drei Tagen bezahltem Sonderurlaub rechnen.

Tarifvertragliche Ansprüche auf Sonderurlaub zwecks Umzugs

Arbeitnehmern, die für ein Großunternehmen tätig sind oder für die öffentliche Hand und die Kirchen arbeiten, hilft ein Blick in den Tarifvertrag weiter. Dort findet sich fast immer einen Passus, der regelt, wann Ihnen Ihr Arbeitgeber auch einmal außer der Reihe freigeben und den Lohn fortzahlen muss. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD-Bund) zählt in § 29 sogar eine lange Liste von Gründen für ein Arbeitsbefreiung auf. Den Bundesbediensteten steht pro Jahr folgender Sonderurlaub zu:

- Niederkunft der Lebenspartnerin: ein Arbeitstag,

- Tod eines nahen Angehörigen: zwei Arbeitstage

- schwere Erkrankung eines Angehörigen: ein Arbeitstag

- Erkrankung eines Kindes unter zwölf Jahren: bis zu vier Arbeitstage

- 25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum: ein Arbeitstag

- Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund an einen anderen Ort: ein Arbeitstag

Übermäßig Großzügig ist unsere Kanzlerin zu ihren Bediensteten nicht gerade. Aber immerhin gibt es einen Tag bezahlten Sonderurlaub, wenn Sie von Berlin nach Bonn versetzt werden. Darüber hinaus finden sich die interessanten Bestimmungen, wie so oft auch hier, im Kleingedruckten. Absatz drei der Norm enthält eine Auffangregelung und besagt:

„Der Arbeitgeber kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des

Entgelts bis zu drei Arbeitstagen gewähren.“

Wenn Sie jetzt noch einen Blick in die Protokolle zum Tarifvertrag werfen, werden Sie sich freuen. Dort wird der „Umzug aus persönlichen Gründen“ explizit als einer der dringenden Fälle genannt, die eine Freistellung nebst Entgeltfortzahlung rechtfertigen. Wenn Sie für die Bundesrepublik Deutschland arbeiten, sind also bis zu drei Tage bezahlter Sonderurlaub zwecks Umzugs möglich. Ähnliche Regelungen finden sich für fast alle Tarifverträge der öffentlichen Hand und der Kirchen. Wer in diesem Bereich tätig ist, für den lohnt sich vor dem nächsten Umzug ein Blick ins Kleingedruckte. Wenn Sie nicht lange suchen wollen, dann folgen Sie einfach unserem Link, der Sie zu einer Überblicksseite mit allen wichtigen Tarifverträgen der öffentlichen Hand führt

(https://www.oeffentlichen-dienst.de/tvoed/tarifvertraege.html)

Vertraglicher Anspruch auf Umzugsurlaub

Wenn Sie bei einem Unternehmen mit vielen Beschäftigten arbeiten, lohnt sich außerdem ein Blick in den Arbeitsvertrag. Fast alle größeren Unternehmen haben für solche Fälle betriebsinterne Regelungen aufgestellt und im Arbeitsvertrag verankert. Sehr oft gibt es sogar spezielle Betriebsvereinbarungen, die genau festlegen, ob und wie viele Tage Sonderurlaub Ihnen zustehen, wenn Sie privat oder betrieblich bedingt umziehen. Da Arbeitsverträge mit Anlagen, die so umfassend sind, dass sie gar nicht mehr gedruckt werden können, aber gerade bei Großunternehmen keine Seltenheit sind, fragen Sie am besten erst einmal bei der Personalabteilung nach. Auch der Betriebsrat hilft Ihnen hier gerne weiter.

Sonderurlaub bei betrieblich bedingtem Umzug

Mobilität ist gerade für Fach- und Führungskräfte eine wichtige Eigenschaft. Young Professionals werden gerne für ein oder zwei Jahre ins Ausland geschickt, um den Konzern kennenzulernen und Netzwerke aufzubauen. Erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen für eine Beförderung auch schon einmal einen Umzug in Kauf nehmen. Wann immer Sie umziehen müssen, weil Ihr Arbeitgeber Sie an einen anderen Ort versetzt, haben Sie auch Anspruch auf bezahlten Urlaub. Wie viele Urlaubstage Ihnen zustehen, hängt davon ab, ob dies (tarif-) vertraglich geregelt ist. Wie oben schon gezeigt, sieht der TVöD-Bund hierfür einen Arbeitstag vor. Private Arbeitgeber sind  bei der Bemessung des Sonderurlaubs meist großzügiger, insbesondere dann, wenn sie ihre Beschäftigten ins Ausland schicken oder von dort zurückholen. Auch in diesem Fall wenden Sie sich als erstes an die Personalabteilung und den Betriebsrat. Dort kann man Sie auch gleich darüber informieren, ob und bis zu welcher Höhe der Arbeitgeber die Kosten ihres Umzugs übernimmt. Gerade Großunternehmen sind hier selten Kleinlich und erstatten meist alle finanziellen Aufwendungen, die mit einem betrieblich bedingten Umzug verbunden sind.

Sofern weder eine individual-, noch eine tarifvertragliche Regelung existiert, hängt es in erster Linie von Ihrem Verhandlungsgeschick ab, wie viel Sonderurlaub Ihnen Ihr Arbeitgeber zugesteht. Ein Tag ist nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte das Minimum, falls der Umzug durch Ihren Arbeitgeber veranlasst worden ist. Es kommt hier aber stets auf den Einzelfall an. Wenn Sie mit Ihrer gesamten Familie ins Ausland übersiedeln, kann auch eine Woche oder mehr angemessen sein. In diesen Fällen steht Ihnen dann auch der Ersatz der Umzugskosten zu. Bis zu welcher Höhe diese erstattet werden, sollten Sie sich im Voraus schriftlich oder zumindest per E-Mail bestätigen lassen.

Was tun, wenn der Arbeitgeber nicht kooperiert?

Vernünftige Arbeitgeber legen ihren Beschäftigten keine Steine in den Weg. Falls Sie aber in der Hochsaison oder in der Ferienzeit umziehen wollen, kann es schon einmal passieren, dass der Urlaubsantrag abgelehnt wird. Was dann? Einfach krankschreiben lassen ist jedenfalls keine gute Idee. Sofern Sie vorher um Freistellung gebeten haben, wird der Arbeitgeber misstrauisch und das Arbeitsklima ist vergiftet. Wenn dann auch noch ein hilfsbereiter Nachbar ein Selfie beim Möbelpacken schießt und auf Facebook postet, kann Sie diese Aktion sogar Ihren Job kosten. Da ist es besser, Sie suchen erst nochmal das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und holen, falls vorhanden, auch den Betriebsrat mit ins Boot. Mit Hilfe eines guten Umzugsunternehmen ist das Vorhaben ohnehin meist innerhalb eines Tages erledigt und ein freier Tag ist nun wirklich fast immer drin!